Potentielle Förderung von Modellkompetenz in Geographieschulbüchern?

Eine ernüchternde Bilanz ziehen die PHKA Forscher Babbe und Fögele mit Kollegen aus der Analyse exemplarischer Lehrwerke.

Ein Schlüssel mit der Aufschrift Scintific Literacy steckt in einer Weltkugel.

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Für die Entwicklung einer Scientific Literacy, also einer naturwissenschaftlichen Grundbildung, spielt der Erwerb der Fähigkeit, mit Modellen reflektiert umgehen zu können, eine wesentliche Rolle. Zugleich stellen empirische Studien immer wieder fest, dass sowohl Lernende als auch Lehrende nur über eine gering ausgeprägte Modellkompetenz verfügen. Das Schulbuch als Medium kann hier sowohl als ursächlich wie auch als möglicher Ansatzpunkt für eine verbesserte Kompetenzförderung in den Blick genommen werden. Hier knüpft das Vorhaben von Babbe, Fögele und Kollegen aus geographiedidaktischer Perspektive an. Anhand der didaktischen Einbindung von vier exemplarischen humangeographischen Phasenmodellen in Geographieschulbüchern der Sekundarstufe II wurde mittels qualitativer Inhaltsanalyse die potentielle Förderung von Modellkompetenz sowie des inhärenten Wissenschaftsverständnisses herausgearbeitet.

Die Ergebnisse stellen sich insgesamt als defizitär dar und zeigen für drei der vier Modelle eine potentiell geringe Kompetenzförderung im Rahmen eines naiv-realistischen Wissenschaftsverständnis. Modelle werden dabei als beschreibend-illustrierendes Medium genutzt, das als „letztgültiges“ Produkt von Wissenschaft aufgefasst wird. Nur bei einem Modell wird systematisch auch die Herstellungsperspektive didaktisch eingebunden, was einer potentiell stärker ausgeprägten Kompetenzförderung im Sinne eines relativistischen Wissenschaftsverständnisses entsprechen kann. Danach werden Modelle als Produkt von Wissenschaft mit erklärender Funktion verstanden, die, neben anderem, auch subjektive Ideen und Entscheidungen der Modellierenden transportieren. Gar nicht nachgewiesen werden konnte jedoch eine Perspektive auf die Rolle von Modellen im Prozess der (wissenschaftlichen) Erkenntnisgewinnung. Diese zeigt sich einerseits im reflektierten Prozess der induktiven Modellherstellung, wo das Modell Produkt der Erkenntnisgewinnung ist. Zum anderen können Modelle hier auch als Mittel zur Erkenntnisgewinnung angewendet werden, indem Hypothesen über die Realität aus ihm abgeleitet und anhand von Daten etc. geprüft werden. Darauffolgend kann das Modell weiterentwickelt werden. Ausgehend von diesen (insgesamt ernüchternden) Ergebnissen leitet der Beitrag Implikationen zur Verbesserung der bestehenden (Schulbuch- sowie Lehr-) Praxis ab.

Babbe, Richard; Schütz, Moritz; Diller, Christian; Mehren, Rainer; Fögele, Janis (2025). The implementation of modeling competence in German upper secondary school geography textbooks: an analysis using the example of selected phase models. In: International Research in Geographical and Environmental Education, S. 1–18. DOI: https://doi.org/10.1080/10382046.2025.2459781