Stunde der Microprojekte 2019/2020: With a little help from my friends
Lehrende zeigen bei der „Stunde der Microprojekte“, wie sich Hochschulseminare mit wenigen zusätzlichen Mitteln neu gestalten lassen
Zuerst war es nur eine Idee: Lehrende sollten unbürokratisch mehr Tutoren- und Sachmittel erhalten, wenn sie ihre Vorlesungen oder Seminare zu kleinen hochschuldidaktischen Projekten machten. Den Anstoß für diese „Microprojekte“ gab der Arbeitsbereich Hochschuldidaktik, der an der bildungswissenschaftlichen Hochschule kollegial organisiert ist. Seither sind zwei Dutzend Lehrveranstaltungen durch das Microprojekt-Programm gegangen. Auch für das Jahr 2020 liegen schon mehrere Anfragen vor. Aktuelle Vorhaben präsentierten sich am Mittwoch, 27. November 2019, beim regelmäßigen hochschuldidaktischen Abendtreffen im LehrLernZentrum der Hochschule.
„Man kommt schneller voran mit Ideen, die man schon lange umsetzen will“
beschrieb Prof. Dr. Isabel Martin vom Institut für Mehrsprachigkeit den Nutzen der Microprojekte. Mitgebracht hatte sie diesmal die Neueinspielung von Sprachlern-Songs für den Englischunterricht in der Primarstufe. „Das gemeinsame Singen und Sich-Bewegen stärkt das Zutrauen in die eigene Sprachkompetenz. Dabei ist es hochinklusiv“, erklärte Prof. Martin und animierte die verblüfften Kolleginnen und Kollegen auch gleich dazu, selbst ein Lied anzustimmen. „Unsere neue Singlish CD hätten wir nicht so zügig fertigstellen können ohne die Tutorin, die unser Seminar begleitet hat. Und ein Songbook für die Schulen gibt es noch dazu.“ Im Jahr zuvor hatte Prof. Martin die Microprojekt-Mittel bereits für einen anderen Zweck verwendet: für Teaching in Laos. Mittlerweile verbindet Teaching in Laos fünf selbstständige, von unterschiedlichen Institutionen finanzierte Entwicklungs-, Forschungs- und Hochschulkooperationsprojekte in dem südostasiatischen Land (Stiftung AfC, BMZ, DAAD, Erasmus). Die kollegiale Unterstützung für das internationale Großprojekt kam dabei dem Forschungsseminar "Global English(es) & Global Citizenship Education" zugute. Die Abschlussarbeiten und Publikationen aus diesem Seminar zeigten die Notwendigkeit der Dekolonisierung des eigenen westlichen Denkens, der englischen Sprache und vor allem auch der westlichen Unterrichtsmethoden und Lehrmittel. Für die Hochschullehrerin ist dies Grund genug, mit „Postcolonial Theory and Short Fiction“ ein neues Lehrangebot zu entwickeln und zugleich ein neues Microprojekt für das Jahr 2020 anzufragen.
„Wir nutzen die kollegiale Unterstützung, um mehr Öffentlichkeit herzustellen“
brachte Dr. Brigitte Übel vom Institut für transdisziplinäre Sozialwissenschaft einen weiteren Vorteil der Microprojekte auf den Punkt. Studierende fanden großen Gefallen an der Idee, aus den Museen und Archiven der Region Karlsruhe Material für eine Website zur örtlichen Kolonialgeschichte zusammenzutragen. Die Quellen aufgearbeitet und die Inhalte eingepflegt haben dann Nora Häuser und zuletzt Alexandra Korbut, Absolventinnen des Masterstudiengangs Inkulturelle Bildung, Migration und Mehrsprachigkeit (IMM) an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Die beiden jungen Forscherinnen waren auch sofort bereit, bei der „Stunde der Microprojekte“ zu erscheinen und zu erläutern, wie sie sich den zukünftigen Ausbau der Website „Karlsruhe Postkolonial“ vorstellen.
„Es ist gut, wenn man sich für Einführungsseminare mehr Zeit nehmen kann“
begann Dr. Eva Kleß vom Institut für Frühpädagogik ihre kurze Präsentation zum Microprojekt „Den forschenden Habitus entwickeln. Tutorielle Begleitung zur Einführung ins wissenschaftliche Arbeiten“. Dr. Kleß experimentiert in diesem Projekt mit neuen Zugängen, Erstsemestern den forschenden Habitus als eine ihnen noch fremde, in Schule und Alltag wenig praktizierte Haltung näher zu bringen. Anhand einzelner Herausforderungen (Ballett, Fischertechnik, Kalligraphie) reflektieren Studierende den Umgang mit unbekannten Themen. Zugleich bearbeiten sie eine Aufgabenstellung, bei der sie recherchieren, zitieren, paraphrasieren und ein Quellenverzeichnis erstellen. Mit erfahrenen Tutorinnen und Tutoren, Absolventinnen des Karlsruher Tutorentrainings am LehrLernZentrum, üben die Studierenden sodann in kleinen Gruppen formale Anforderungen an wissenschaftliche Texte. „Die Listen für die Textbesprechungen hängen erst seit gestern aus und sind schon fast ausgebucht“, freute sich Dr. Kleß über die starke Resonanz auf ihr Experiment.
Microprojekte als Teil eines größeren Förderprogramms
Dass Lehrende bis zu 50 Tutorenstunden und zusätzliche Sachmittel für die Seminardokumentation, für Webhosting oder Software in Anspruch nehmen können, ohne dafür lange Anträge schreiben zu müssen, verdankt sich auch der Bundesmittel aus dem „Qualitätspakt Lehre“ (BMBF). Die Kollegiale Hochschuldidaktik, eine lang bewährte Einrichtung an der Pädagogischen Hochschule, kann als Teilprojekt im BMBF-Förderprojekt Bildungsinitiative L2 auf dessen Mittel zurückgreifen. Doch auch die Hochschule unterstützt das kollegiale Microprojekt-Programm als Baustein zur Verbesserung der Studienbedingungen und der Qualität in der Lehre.